Psychiatrie und Psychotherapie

 

       Klinikum rechts der Isar

          Ismaninger Straße 22
          81675 München
          Briefanschrift:
          81664 München

          Tel:  +49 (89) 4140 - 0
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Schlafmedizin

Schlafmedizinisches Zentrum

Leitung: Dr. med. Lina Riedl, Fachärztin für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie, Somnologin DGSM
Kontakt:  Telefon: 089-41404231 (Montag bis Freitag von 9 h bis 15 h), Email: Schlaf-Info.ps@mri.tum.de  

Anmeldung: Bitte melden Sie sich im Rahmen unserer Telefonsprechstunde, die immer am Mittwoch zwischen 10 und 12 Uhr stattfindet, für eine Untersuchung an. Tel.: 089-4140-7422.

Flyer zum Download

Das Schlafmedizinische Zentrum in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München besteht seit 1991. Es dient in erster Linie der Diagnostik und Therapie von Patienten mit Schlafstörungen aller Art sowie der entsprechenden klinischen Begleitforschung.

Ferner werden Forschungsprojekte über verschiedene psychiatrische und neurobiologische Fragestellungen durchgeführt (z. B. Schlaf bei psychischen Störungen, Wirkungen von Schlafentzug und Lichttherapie bei affektiven Störungen, Effekte von psychotropen Medikamenten auf den Schlaf).

Das Schlafmedizinische Zentrum beinhaltet eine Schlafambulanz, in der nach Voranmeldung eine ausführliche ambulante Diagnostik erfolgt, und ein Schlaflabor, in dem die Schlaffunktionen von Patienten während des Schlafs untersucht werden können. Das Schlaflabor ist seit 1992 von der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) akkreditiert.

Das Schlafmedizinische Zentrum ist in erster Linie als diagnostische Einrichtung für Patienten mit Schlafstörungen konzipiert. Dabei wird im Prinzip das gesamte Spektrum der schlafmedizinischen Differentialdiagnostik geleistet und somit eine Anlaufstelle für Patienten mit Schlafstörungen aller Art geboten.

Für manche Patienten vermitteln wir ein spezielles Therapieangebot (z. B. ein multimodales verhaltenstherapeutisches Gruppentherapieprogramm für Patienten mit chronischer psychophysiologischer Insomnie) oder verweisen an entsprechende Einrichtungen (niedergelassene Ärzte, Psychotherapeuten, andere Fachkliniken etc.). Auch Patienten, bei denen eine Schlafapnoe diagnostiziert wurde, werden zur Therapie an eine auf dieses Krankheitsbild spezialisierte Einrichtung überwiesen.

 

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter:

Corina Pohl, Diplom-Psychologin

Valentina Uka, Somnologin TA (DGSM), Technische Leitung

 

Projekte (Auswahl):

  • Evaluation und Charakterisierung von Schlafstörungen vor und nach Resektion der Zirbeldrüse bei Patienten mit Pineozytom
  • Beziehungen zwischen Schlaf, gemessener und subjektiv eingeschätzter kognitiver Leistungsfähigkeit bei Patienten mit primärer Insomnie
  • Antidepressive Wirkung von Schlafentzug: Zusammenhänge mit spontanen Schlafepisoden, motorischer Aktivität und kognitiver Leistungsfähigkeit (DFG Wi 1427/1-1)
  • Wirkung von Quetiapin XR auf den Schlaf bei Patienten mit depressiver Episode, im Vergleich zu Mirtazapin Wirkung von Quetiapin auf Schlaf und nächtliches Verhalten bei dementen Patienten

 

Key-Publikationen:

Krieg, S.M., Slawik, H., Meyer, B., Wiegand, M.H. & Stoffel, M. (2012). Sleep disturbance after pinealectomy in patients with pineocytoma WHO°I. Acta Neurochirurgica (Wien), 154, 1399-1405.

Froböse, T., Slawik, H., Schreiner, R., Veselý, Z., Wiegand, M.H., Bäuml, J. & Förstl, H. (2012). Agomelatine improves sleep in a patient with fatal familial insomnia. Pharmacopsychiatry, 45, 34-36.

Brückner, T.U. & Wiegand, M.H. (2010). Motor activity in depressed patients during therapeutic sleep deprivation. European Psychiatry, 25, 465-467. Wiegand, M.H. (2008). Antidepressants for the treatment of insomnia: a suitable approach? Drugs, 68, 2411-2417.

Wiegand, M.H., Landry, F., Brückner, T., Pohl, C., Veselý, Z. & Jahn, T. (2008). Quetiapine in primary insomnia: a pilot study. Psychopharmacology (Berlin) 196, 337-338.

Wiegand, M.H., Galanakis, P. & Schreiner, R. (2004). Nefazodone in primary insomnia: an open pilot study. Progress in Neuropsychopharmacology and Biological Psychiatry, 8, 1071-1078.

Voderholzer, U., Valerius, G., Schaerer, L., Riemann, D., Giedke, H., Schwärzler, F., Berger. M. & Wiegand. M.H. (2003). Is the antidepressive effect of sleep deprivation stabilized by a three day phase advance of the sleep period? A pilot study. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, 253, 68-72.

Riemann, D., Voderholzer, U., Cohrs, S., Rodenbeck, A., Hajak. G., Rüther. E., Wiegand, M.H., Laakmann, G., Baghai, T., Fischer. W., Hoffmann. M., Hohagen. F., Mayer. G. & Berger, M. (2002). Trimipramine in primary insomnia: results of a polysomnographic double-blind controlled study. Pharmacopsychiatry, 35, 165-174.

Schreiner, R., Mirisch, S., Veselý, Z. & Wiegand, M.H. (2001). Sleep and sleep-wake cycle in an 81-year-old patient with de novo ultra-rapid cycling bipolar disorder. European Archives of Psychiatry and Clinical Neuroscience, 251, 29-31.

Wiegand, M.H., Lauer, C.J. & Schreiber, W. (2001). Patterns of response to repeated total sleep deprivations in depression. Journal of Affective Disorders, 2001, 64, 257-260.

 

Schlafambulanz:

In der Regel werden Patienten, die einen Termin in unserer Schlafambulanz vereinbart haben (siehe Anmeldung) zunächst im Rahmen eines ambulanten Vorgesprächs ausführlich nach allgemeinmedizinischen, schlafmedizinischen, psychiatrischen und klinisch-psychologischen Gesichtspunkten untersucht, wobei auch eine spezifische Testdiagnostik eingesetzt wird. Wenn nicht schon entsprechende Vorbefunde vorliegen, werden im Bedarfsfall internistische, neurologische oder HNO-ärztliche Konsiliaruntersuchungen veranlaßt. Falls indiziert, erfolgt dann eine Untersuchung im Schlaflabor; diese umfasst in der Regel zwei, im Bedarfsfall aber auch mehrere Untersuchungsnächte (z.B. zur Diagnostik bei unklaren nächtlichen Verhaltensauffälligkeiten, beispielsweise Schlafwandeln). In bestimmten Fällen (z.B. Hypersomnien) werden auch Tagschlafuntersuchungen (Multiple Schlaflatenz-Tests) durchgeführt. In Verbindung mit den übrigen Befunden sind daraufhin meist eine schlafmedizinische Diagnosestellung und Therapieempfehlung möglich.

Grundlagen der Schlafpolygraphie:

Die Schlafpolygraphie ist das wichtigste apparative Verfahren zur Untersuchung des Schlafes. Als Synonyma werden oft die Ausdrücke „Schlafableitung“ oder „Schlaf-EEG“ verwendet. Letzterer ist missverständlich, da er auch gelegentlich benutzt wird für die elektroenzephalographische Untersuchung kurzer (z.B.durch Schlafentzug induzierter) Tagschlafepisoden, etwa im Rahmen der Diagnostik zerebraler Anfallsleiden. Außerdem wird bei einer Schlafpolygraphie nicht nur das Elektroenzephalogramm erfasst, sonderne mehrere weitere Parameter. Ein anderes, international gebräuchliches Synonym für Schlafpolygraphie ist „Polysomnographie“. Das Elektroenzephalogramm ist der zentrale Parameter jeder Schlafableitung. Dass der Schlaf nicht nur als Zustand quantitativ reduzierter Aktivität des gesamten Organismus, sondern auch als qualitativ andersartiger Funktionszustand des Gehirns zu verstehen ist, wurde erst durch die Entdeckung des Elektroenzephalogramms in den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts deutlich (Berger 1929). Das Gehirn ist im Schlafzustand durch typische Formen elektrischer Aktivität gekennzeichnet, die sich klar von der EEG-Aktivität im Wachzustand unterscheiden. Zur Unterscheidung unterschiedlicher Schlafstadien sind neben dem EEG zusätzlich das Elektrookulogramm (EOG) und das Elektromyogramm (EMG) als weitere Parameter erforderlich. In den Anfängen der Schlafforschung wurden mittels dieser Messgrößen mehrere Schlafstadien entlang einer Dimension der Schlaftiefe definiert. 1953 entdeckten Aserinsky und Kleitman mit dem REM-Schlaf ein weiteres Schlafstadium, das nicht auf der gleichen Dimension anzuordnen ist und einen dritten, vom „Non-REM-Schlaf“ und Wachzustand gleichermaßen abgrenzbaren Funktionszustand des Gehirns darstellt.

Die Schlaflaboruntersuchung:

Eine Regeluntersuchung im Schlaflabor umfasst zwei Nächte. Die erste Nacht gilt als „Gewöhnungs-“ oder „Adaptationsnacht“; der Schlaf in dieser Nacht ist aufgrund der noch ungewohnten Umgebung nicht in jeder Hinsicht repräsentativ, die Daten nur bedingt verwertbar. Bei speziellen Fragestellungen (z.B. Diagnostik bestimmter Parasomnien) kann sich die Untersuchung auch über mehr als zwei Nächte erstrecken. Die Probanden schlafen in einem eigenen, durch eine Infrarotlampe beleuchteten Raum; eine Infrarotkamera erlaubt die kontinuierliche Überwachung. Eine Unterbrechung der Aufzeichnung (z.B. für einen Gang zur Toilette) ist jederzeit ohne nennenswerten Aufwand möglich. Die Daten wurden bislang während der Nacht mittels eines konventionellen EEG-Schreibers auf EEG-Papier ausgeschrieben, wobei die Papiergeschwindigkeit auf 10 oder 15 mm/s beschränkt wurde. Heute gehen die meisten Schlaflaboratorien sukzessive auf elektronische Speicherung der digitalisierten Daten über. Diese werden nach Abschluss der Registrierung meist „offline“ analysiert; die Analyseergebnisse werden zusammen mit den Rohdaten auf einem elektronischen Speichermedium archiviert. Schlafpolygraphische Untersuchungen dienen in erster Linie der Diagnostik; in besonderen Fällen werden sie jedoch auch als Verfahren der Therapiekontrolle eingesetzt. Dies ist routinemäßig der Fall bei Patienten mit Schlafapnoe-Syndrom, bei denen die Anpassung eines nCPAP-Gerätes im Schlaflabor unter ständiger Kontrolle verschiedener Messwerte erfolgen muß. Im Idealfall schließen sich diese "therapeutischen" Nächte unmittelbar an die beiden initialen Diagnostiknächte an. Auch bei anderen schlafmedizinischen Krankheitsbildern kann die Schlafpolygraphie als Instrument der Therapiekontrolle eingesetzt werden, etwa im Rahmen der medikamentösen Behandlung des Restless-Legs-Syndroms.

Basisparameter der Schlafdiagnostik: EEG, EOG, EMG:

Rechschaffen und Kales (1968) haben ein bis heute international verbindliches Regelwerk für Durchführung und Auswertung schlafpolygraphischer Untersuchungen aufgestellt, das auch für die folgenden Ausführungen grundlegend ist. Obwohl in vielen Details kritikwürdig (Kubicki et al. 1982), stellen diese Regeln bis heute einen weltweit in den Schlaflaboratorien anerkannten Standard dar. Die außerordentliche Entwicklung von Schlafforschung und Schlafmedizin in den letzten dreißig Jahren wäre ohne den durch sie begründeten Konsensus bezüglich der basalen Methodik gar nicht möglich gewesen. Auf diesen Regeln beruhen auch die einschlägigen Empfehlungen und Richtlinien vieler Fachgesellschaften (Penzel et al. 1993; American Electroencephalographic Society 1992). Ausführlichere Einführungen in die Methodik der Schlafpolygraphie finden sich beispielsweise bei Carskadon & Rechtschaffen (1989), Pollmächer & Lauer (1992), Kubicki (1995) und Schulz (1997).

Elektroenzephalogramm (EEG):

Bei Schlafuntersuchungen wird in aller Regel nur eine beschränkte Zahl von EEG-Kanälen erfaßt, da es meist, im Gegensatz zum Wach-EEG, nicht auf topographische Informationen bzw. die Lokalisation von Prozessen ankommt. Nach den Regeln von Rechtschaffen & Kales werden mindestens zwei EEG-Elektroden verwendet, die an den Positionen C3 und C4 des internationalen 10/20-Systems angebracht werden. Die Ableitung erfolgt jeweils gegen eine Referenzelektrode am kontralateralen Ohr bzw. am kontralateralen Mastoid. Häufig werden drei EEG-Kanäle registriert: C3-A2, C4-A1 und die bipolare Ableitung C3-C4. Bei speziellen Fragestellungen können weitere Elektroden positioniert werden; in besonderen Fällen wird ein volles Ableiteschema nach dem 10/20-System angewandt (z.B. im Rahmen der Diagnostik nächtlicher cerebraler Anfallsleiden).

Elektrookulogramm (EOG):

Die Potentialdifferenz zwischen Cornea und Retina ermöglicht die Registrierung von Augenbewegungen über Potentialänderungen an den in der Nähe plazierten Elektroden. Registriert wird auf zwei Kanälen; die Elektroden werden lateral des rechten und linken Lidwinkels plaziert, die Ableitung erfolgt gegen eine gemeinsame Referenz. Auf diese Weise ist es möglich, echte Augenbewegungen (gegensinnige Abbildung) von Artefakten (gleichsinnige Abbildung) zu unterscheiden.

Elektromyogramm (EMG):

Das Elektromyogramm wird in der Schlafdiagnostik in der Regel im Kinnbereich (Musculus mentalis) erfaßt, da hier die Muskelatonie im REM-Schlaf besonders ausgeprägt ist. Es werden mindestens zwei Elektroden geklebt, die bipolar gegeneinander abgeleitet werden. Meist wird, wegen der besonderen Wichtigkeit dieses Parameters, eine dritte (Reserve-) Elektrode submental angebracht.

Auswertung:

Die konventionelle Auswertung der Schlafdaten beruht auf der Klassifikation in Schlafstadien; die heute international gebräuchliche Klassifikation nach Rechtschaffen & Kales (1968) hat ältere Schlafstadieneinteilungen abgelöst (Loomis et al. 1937, Dement & Kleitman 1957). Sie beruht auf den in der oben beschrieben Weise erfaßten Parametern EEG, EOG und EMG. Die gesamte Schlafaufzeichnung wird in gleich lange Epochen aufgeteilt, wobei eine Epoche jeweils einem Blatt des EEG-Registrierpapiers entspricht; da Schlaf-EEGs in der Regel mit einem Papiervorschub von 15 oder 10 mm/s aufgezeichnet werden, kann eine Epoche je nach der gewählten Geschwindigkeit 20 oder 30 Sekunden dauern. Diese herkömmliche Epochendefinition wird trotz zunehmender Verwendung papierloser Aufzeichnungs- und Auswertungsverfahren weiterhin beibehalten. Jede einzelne Epoche wird dann einem der Schlafstadien zugeordnet; maßgebend ist dabei das Schlafstadium, das in mehr als der Hälfte der jeweiligen Epoche vorliegt. Diese Zuordnung erfolgte früher ausschließlich visuell; heute werden immer häufiger entsprechende Computerprogramme verwendet. Allerdings sind auch die besten dieser Programme noch nicht in der Lage, in zuverlässiger Weise eine Stadienklassifikation nach den Regeln von Rechtschaffen & Kales zu leisten; auf eine visuelle Kontrolle und gegebenenfalls Korrektur der Analyeergebnisse kann weiterhin nicht verzichtet werden.